BMF-Schreiben vom 13.04.2021 zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug
Fast 16 Monate hat es gedauert, bis das lang ersehnte BMF-Schreiben zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug veröffentlicht wurde. In diesem legt die Finanzverwaltung auf 10 Seiten umfänglich dar, welche Spielregeln für Sachbezüge gelten. Gutscheine und Geldkarten wurden deutlich eingeschränkt, Digitale Essensmarken hingegen als steuerfreier Sachbezug bestätigt.
Gesetzliche Neuregelungen seit 01.01.2020
Die Neuregelung des § 8 Abs. 1 EStG seit dem 1. Januar 2020 hatte bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern für große Verunsicherung gesorgt. Dort wurde in Satz 2 neu geregelt, dass “...zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.” stets Barlohn und somit steuerpflichtig sind.
Sachbezüge hingegen sind nur noch “...Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.” Dies gilt sowohl für die Sachbezüge im Rahmen der 44-Euro-Sachbezugsfreigrenze als auch für Sachbezüge gem. § 37b EStG.
Ebenfalls neu wurde ein Zusätzlichkeitserfordernis für Sachbezüge im Rahmen der 44-Euro-Sachbezugsfreigrenze eingeführt (§ 8 Abs. 2 S. 11 i.V.m. § 8 Abs. 4 EStG). Die Gehaltsumwandlung für diese Sachbezüge ist somit ausgeschlossen.
Wie diese gesetzlichen Vorgaben in der Praxis zu handhaben sind erläutert das BMF-Schreiben vom 13.04.20211 detailliert.
Digitale Essensmarken
Digitale Essensmarken, ebenso wie Papier-Essenmarken, sind im BMF-Schreiben in Rn. 8 explizit als Sachbezug aufgeführt. Es handelt sich bei Ihnen um “Sachbezug im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Absatz 1 Satz 3 EStG”. Ebenfalls wird in Rn. 8 festgelegt, dass die “Richtlinienregelung des R 8.1 Absatz 7 Nummer 4 LStR 2015 und die Regelungen des BMF-Schreibens vom 18. Januar 2019 (BStBl I Seite 66)” weiterhin gelten. Für Digitale Essensmarken ändert sich somit nichts. Arbeitgeber können Ihren Mitarbeitern weiterhin bis zu 98,55 Euro monatlich steuer- und sozialversicherungsfrei erstatten. Dies kann auch weiterhin on-top, also zusätzlich zum Gehalt oder im Rahmen einer Gehaltsumwandlung erfolgen. Arbeitgeber die diesen Benefit nutzen können sich also entspannt zurücklehnen.
Gutscheine und Geldkarten bis Ende 2021
Arbeitgeber die Gutscheine und Geldkarten als Benefit in ihrem Unternehmen nutzen werden jedoch zukünftig mit vielen Einschränkungen leben müssen.
Die einzige gute Nachricht für sie ist, dass die strengen Vorgaben des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG (§ 8 Abs. 1 S. 3 EStG) erst ab dem 01.01.2022 gelten. Bis dahin werden Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen weiterhin als Sachbezug anerkannt.2
Das sind Gutscheine und Geldkarten, die nicht:
a) über eine Barauszahlungsfunktion verfügen; es ist nicht zu beanstanden, wenn verbleibende Restguthaben bis zu einem Euro ausgezahlt werden können,
b) über eine eigene IBAN verfügen,
c) für Überweisungen (z. B. PayPal) verwendet werden können,
d) für den Erwerb von Devisen (z. B. Pfund, US-Dollar, Schweizer Franken) verwendet
werden können oder
e) als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.3
Gutscheine und Geldkarten ab 2022
Ab dem 01.01.2022 gelten hingegen die strengen Vorgaben des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG. Gemäß dem BMF-Schreiben sind Sachbezüge dann nur noch solche Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen und dann entweder:
1. Beim Aussteller selbst in seinem Geschäft einlösbar sind, unabhängig davon ob es sich um ein Laden- oder Online-Geschäft handelt. Der Aussteller kann im In- oder Ausland sitzen. Es muss sich jedoch um seine eigene Produktpalette (Waren oder Dienstleistungen) handeln. Damit scheidet z.B. Amazon aus, da dort über den Marketplace auch andere Unternehmen ihre Waren verkaufen. 4
oder
2. Aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland eingelöst werden können. Hierzu zählen vor allem City- und Regio-Karten (örtliche Beschränkung auf unmittelbar angrenzenden zweistelligen PLZ-Bezirke) aber auch Gutscheine für Laden- und Franchiseketten mit einheitlichem “Marktauftritt”. 5 Das sind vor allem Einzelhandelsketten, wie Drogerien, Parfümerien oder Elektronikmärkte.
oder
3. Ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette berechtigen. Dabei kommt es jedoch nicht auf die Anzahl der Akzeptanzstellen und den Bezug im Inland an. 6 Hierunter fallen z.B. reine Tankkarten/Stromladekarten, Gutscheinkarten für einen Buchladen, Beauty- oder Fitnesskarten, Kinokarten und Streamingdienste für Film und Musik.
oder
4. Lediglich dazu berechtigen, aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen, sog. “Zweckkarten”. Auf die Anzahl der Akzeptanzstellen kommt es nicht an. Wichtig ist, dass der Einsatzbereich hinreichend bestimmt sein muss. Ein „begünstigter“ sozialer oder steuerlicher Zweck in diesem Sinne ist daher insbesondere nicht die Inanspruchnahme der 44-Euro-Freigrenze des R 19.6 LStR (Aufmerksamkeiten) oder der Pauschalversteuerung nach § 37b EStG an sich. Vielmehr muss sich der steuerliche oder soziale Zweck aus dem Gutschein bzw. der Geldkarte selbst ergeben.7 Beispiele sind Papier-Essenmarken und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken) oder Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen.
Im BMF-Schreiben finden sich zu diesen teils abstrakten Vorgaben noch mehr konkrete Beispiele, die Arbeitgebern die steuerrechtliche Einordnung ihrer derzeit genutzten Gutscheine und Geldkarten erleichtern sollen. Jetzt können hoffentlich auch die meisten der vielen Anfragen hierzu von Arbeitgebern bei ihren zuständigen Betriebsstättenfinanzämtern endlich beantwortet werden. Die im BMF-Schreiben genannten Beispiele sind jedoch nicht abschließend sondern geben nur eine Orientierung. Viele Details wie die Gewährung dieser Waren und Dienstleistung konkret ausgestaltet sein muss, um als Sachbezug qualifiziert zu werden, sind unklar. Hier wird wohl eine weitere Flut von Anrufungsauskünften auf die Finanzämter zukommen und Arbeitgeber weiterhin verunsichern.
Weitere Regelungen im BMF-Schreiben
Neben der Eingrenzung der Nutzung von Gutscheinen und Geldkarten finden sich im BMF-Schreiben noch weitere Regelungen Sachbezüge betreffend.
Die Nichtbeanstandungsregel gilt ausdrücklich nur für Sachbezüge in Form von Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Vorgaben des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG nicht erfüllten (§ 8 Abs. 1 S. 3 EStG).
Eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anstelle der geschuldeten Ware oder Dienstleistung ("zweckgebundene Geldleistungen" und "nachträgliche Kostenerstattungen") sowie Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten sind somit auch nach dem BMF-Schreiben Geldleistungen. So wie es die gesetzliche Regelung seit dem 01.01.2020 vorsieht.